Ein Derby im Polizeikessel

Das zweite Auswärtsderby in Kloten wird überschattet von einer Polizeiaktion, welche seinesgleichen sucht und grosse Fragezeichen bei uns hinterlässt. Die beiden katastrophalen Auftritte des ZSC werden dadurch für uns zur Nebensache. Wir überlassen deren Aufarbeitung selbstverständlich der sportlichen Führung und dem Team. Viel mehr möchten wir uns zu den Vorfällen rund um das Stadion äussern und unser Fernbleiben vom Derby begründen.

Vorweg: Wir distanzieren uns von jeglicher Form der Gewalt. Keinesfalls wollen wir Ereignisse wie das unrühmliche Spiel in Rapperswil verherrlichen. Bei all diesen Vorfällen haben wir aber die interne Aufarbeitung durchgeführt, wurden seitens Liga oder Behörden dafür «bestraft» – mit Materialverboten und anderen Massnahmen. Diese «Strafen» haben wir hingenommen, eingehalten und damit die Konsequenzen getragen.

Zurück zum gestrigen Abend: Wir verliessen gegen 18.35 Uhr die S-Bahn am Bahnhof Kloten, sammelten uns und liefen gemeinsam in Richtung Stadion. Bis auf ein paar Böller wurde zu diesem Zeitpunkt keinerlei Pyrotechnik eingesetzt. Doch dann begannen die Ereignisse ihren Lauf zu nehmen. Entgegen den Medienberichten wurden wir über eine mögliche «Einkesselung» erst nach Abmarsch vom Bahnhof Kloten informiert. Dazu die Aussage der Polizei: «Sollte es zu ‹Straftaten› kommen, wird es eine Einkesselung geben.» Schon da wurde uns bewusst, dass dies keine spontane und kurzfristig angedachte Aktion seitens der Kantonspolizei war. Viel mehr wurde dieser Monstereinsatz und die völlig überzogenen Repressionen von langer Hand geplant. Zur Veranschaulichung: Vor den Fans fuhren mehrere Motorräder der Kantonspolizei, Zivilpolizisten verkleideten sich als Paparazzi und lauerten uns auf und an jeder Ecke standen diverse Polizeieinheiten in Vollmontur.

Beim Schwimmbad schlug schliesslich die Stunde der Polizei. Vorne und hinten fuhren Wasserwerfer auf, von allen Seiten kamen Polizeieinheiten aus dem Unterholz und umkreisten die ZSC-Fans. Ein vor und zurück war für alle Betroffenen zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich. Die Polizei teilte uns mit, dass wir uns einer Personenkontrolle zu unterziehen hätten. Eine abschliessende Begründung dafür erhielten wir nicht. Vor Ort gaben sich mehrere Personen als Verantwortliche aus, die Erklärungen variierten stark. Manche sprachen von einem «erhöhten Gefährdungsrisiko», andere brachten die letztjährigen Ausschreitungen beim Spiel in Rapperswil als Begründung. Auch die Erblindung eines ZSC-Fans beim letzten Derby wurde genannt – obschon hier die Polizei mit ihrem unverhältnismässigen Gummischroteinsatz selbst verantwortlich war.

Wir entschieden uns nach kurzer Beratung, nach Zürich zurückzukehren. Jene Fans aus dem Marsch, welche pünktlich zum Spiel wollten, liessen wir vortreten und sich der Personenkontrolle unterziehen. Seitens Polizei war von Anfang an klar, dass die über 200 Personen niemals in der noch vorhandenen Zeit zu kontrollieren gewesen wären.

Je länger die Situation im Kessel andauerte, desto mehr schien die Polizei die Nerven zu verlieren. Dies gipfelte darin, dass seitens der Uniformierten erste Schubsereien gegen Unbeteiligte – darunter auch Frauen – zu sehen waren. Deeskalierend dürfte dieses Verhalten kaum gewesen sein. Die Gangart wurde ruppiger, bis die Polizei sämtliche Personenkontrollen «erpresste». Dass es seitens der Fans zu keiner «Gegenreaktion» kam, sondern trotz Freiheitsberaubung und Diskriminierung seitens der Staatsgewalt die Ruhe gewahrt wurde, darf an diesem Abend als positiver Nebeneffekt gewertet werden. Schlussendlich kassierten alle im Kessel Verbliebenen eine bis Mitternacht geltende Wegweisung aus Kloten und wurden auf den 21.25-Zug nach Oerlikon beordert. Allerdings waren zu diesem Zeitpunkt noch längstens nicht alle Personen aus dem Kessel entlassen, was am Bahnhof Kloten nochmals zu Diskussionen mit der Polizei führte. Schliesslich konnte erreicht werden, dass wir auf die letzten Leute warten durften und die Heimreise gemeinsam antreten konnten.

Wir verurteilen das Vorgehen der Kantonspolizei vom Sonntag aufs schärfste. Eine unklare Lagebeurteilung, schlechte Kommunikation und die grundlose Freiheitsberaubung zeigen für uns eindeutig die Willkür der Aktion auf und lassen uns zum Schluss kommen, dass es der Polizei um eine reine Machtdemonstration ging. Das stundenlange Warten bei Temperaturen deutlich unter dem Gefrierpunkt lässt das Ganze noch dümmer und unvernünftiger wirken. Dass dabei trotz scheinbar langer und intensiver Vorbereitung nicht einmal eine Toilette zur Verfügung gestellt wurde, zeugt nicht gerade von Kompromissbereitschaft. Das Mass wurde hier definitiv völlig überschritten. Kritik und Selbstreflektion dürften aber weiterhin Mangelware sein bei der Kantonspolizei – viel mehr werden sich die Verantwortlichen einen Tag später beim Kaffee auf die Schulter geklopft haben. Auch die heute Montag veröffentliche Medienmitteilung der Polizei kommt der Wahrheit etwa so nahe, wie das Thermometer am Sonntagabend dem Sommer.

Zum Schluss noch eine Berichtigung:
Seitens Limmatblock wurde den Fans, welche das Stadion betreten wollten, kein Stimmungsverbot oder sonstiges erteilt. Einzig und allein für die Zeit, in welcher Kloten aus Solidarität ebenfalls schwieg, wurden alle gebeten, auf Stimmung zu verzichten. Nicht mehr und nicht weniger.